Wir verkaufen alle Sorten Fleisch, aber für das Kalb hege ich eine ganz besondere Vorliebe.

Das Königskalb

Hugo Desnoyer, den man an der Rue Boulard 45 in Paris findet, ist in internationalen gastronomischen Kreisen eine Berühmtheit. Er wurde im Tal der Loire geboren und zog als junger Mann nach Paris, weil es dort die besten Metzger gab. Nach einer beinharten praktischen Ausbildung landete er bei André Rajot, einem Metzger mit vier eigenen Bauernhöfen. Diese Bekanntschaft mit der Quelle des Fleisches sollte sein ganzes weiteres Leben bestimmen. Hugo ist vor allem wegen seines Kalbfleisches bekannt. "Wir verkaufen alle Sorten Fleisch, aber für das Kalb hege ich eine ganz besondere Vorliebe. Lange Zeit legte ich 60.000 km pro Jahr zurück, auf der Suche nach den schönsten Kälbern der Rassen Limousin oder Bazadaise. Heutzutage beschäftige ich dafür eigene Einkäufer." Ist es denn so schwierig, Milchkälber zu finden? "Ja, die Tiere, die ich suche, sind schwierig zu finden. Die Bauern, die sich noch richtig traditionell mit der Kälbermast befassen, sterben allmählich aus. Es bleiben fast nur noch einige Großväter und Großmütter übrig, die keine Nachfolger haben. Die allerbesten Bauern verkaufen nur drei oder vier Kälber pro Jahr." Hugo möchte das authentische Produktionssystem gern beschreiben. Das Kalb wird von seiner Mutter und einer Tante betreut. Das Tier lebt drei bis sechs Monate im Dunkeln und muss außerhalb der Fütterungszeiten einen Maulkorb tragen, damit es nicht anfängt, das Metall abzulecken. Denn das wäre das Ende der weißen Fleischfarbe. In den letzten zwei Wochen seines Lebens bekommt das Kalb zwei bis vier Eier pro Tag, die sein Fett verfeinern. Hugo geht zu einem Schlachtkörper und zeigt uns, dass man die Fettqualität am besten in der Umgebung der Nieren überprüfen kann. Für ihn muss sich das Nierenfett auseinanderbrechen lassen. "Die Tradition dieser Kälber geht auf die Zeit der französischen Monarchie zurück. Der Sonnenkönig Ludwig XIV. wollte nur reinweißes Fleisch essen. Dieses Fleisch war immer ein Symbol für Reichtum." Jetzt, da wir die Hintergründe kennen, vermuten wir, dass dieses Fleisch sehr teuer sein muss. "Nicht zuletzt, weil das echte Milchkalb immer seltener wird, haben die Preise enorm angezogen. Für ein Kalb bezahle ich heute 18 bis 19 Euro pro kg Schlachtgewicht." Dann werden die Preise, die die Chefköche und Verbraucher bezahlen, wohl astronomisch hoch sein. Gibt es dafür denn überhaupt einen Markt? "Es gibt auf jeden Fall einen Markt, insbesondere seit der Explosion der Bio-Branche. Die Kunden kaufen bei uns mit ruhigem Gewissen." Unser Metzger stellt aber auch fest, dass es immer häufiger zu Betrügereien kommt. "Es erstaunt mich, dass der Handel mit gefälschten Milchkälbern immer weiter wächst, denn ein guter Metzger kann das am Schlachtkörper erkennen. Sobald man das Fleisch berührt, weiß man sofort Bescheid." Hat diese Art von Milchkälbern überhaupt eine Zukunft? Hugo hat dazu eine klare Meinung: "Früher bedienten wir vor allem ein älteres Publikum, aber das ändert sich gerade. Wir können in unserem Geschäft immer mehr Menschen zwischen 30 und 40 begrüßen. Sie kochen gern und legen großen Wert auf die Qualität eines Produkts. Ja, es gibt gewiss noch Potenzial für die Zukunft."

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